Die Rolle von VHF-Funksystemen bei Bergrettung und Notfällen im Freien

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Gebirgige Regionen stellen Rettungseinsätze vor besondere Herausforderungen. Schnell wechselnde Wetterbedingungen, unwegsames Gelände und fehlende Infrastruktur erfordern zuverlässige und sofortige Kommunikation. In solchen Situationen sind VHF-Funksysteme (Very High Frequency, auf Deutsch: Ultrakurzwelle) von zentraler Bedeutung – sei es bei der Suche nach vermissten Wanderern, bei Lawinenrettungen oder der Koordination von Hubschraubereinsätzen.

Grundlagen der VHF-Funksysteme

Der VHF-Frequenzbereich umfasst typischerweise 30 bis 300 MHz. In der Praxis werden für Rettungseinsätze hauptsächlich die Bereiche 136–174 MHz (VHF) sowie 400–470 MHz (UHF) genutzt. Diese Frequenzen bieten eine ausgewogene Kombination aus Reichweite und Durchdringung von natürlichen Hindernissen wie Bäumen oder Geländeformen.

Wichtige Merkmale von VHF-Funkgeräten:

  • Direktkommunikation (Simplex): Funktioniert ohne Netzwerkinfrastruktur.
  • Nutzung von Repeatern: Erweiterung der Reichweite durch Relaisstationen.
  • Sofortige Kommunikation: Keine Verbindungsaufbauzeit.
  • Robuste Bauweise: Wetterfest, stoß- und staubresistent.

Kommunikationsherausforderungen im Gebirge

Bergregionen bringen spezifische Probleme für die Funkkommunikation mit sich:

  • Sichtverbindung erforderlich: Funkwellen breiten sich geradlinig aus und werden durch Gelände beeinflusst.
  • Signalabschattung und Reflexion: Felsen, Bäume und topografische Gegebenheiten stören oder blockieren das Signal.
  • Akkulaufzeit: Kälte reduziert die Effizienz der Akkus, Energieverbrauch steigt.

Vorteile von VHF-Funk gegenüber anderen Systemen

Neben VHF-Funk gibt es Alternativen wie Mobilfunk, Satellitentelefone oder digitale Funksysteme. VHF bietet jedoch klare Vorteile:

  • Unabhängigkeit von Infrastruktur: Funktioniert ohne Mobil- oder Satellitennetz.
  • Sofortige Sprachverbindung: Push-to-Talk ohne Wartezeit.
  • Einfache Bedienung: Minimale Schulung erforderlich.
  • Gruppenkommunikation möglich: Eine Nachricht erreicht mehrere Empfänger gleichzeitig.

Praktische Anwendungsbeispiele

Lawinenrettung

In Lawinensituationen zählt jede Minute. Einsatzkräfte kommunizieren über VHF-Funk mit der Leitstelle und untereinander, um vor Wetterumschwüngen oder Folgegefahren zu warnen und Funde zu melden.

Rettung vermisster Wanderer

Bei der Suche nach vermissten oder verletzten Personen wird das Gelände in Sektoren unterteilt, in denen Teams über VHF-Funk verbunden bleiben. Auch Wanderer selbst tragen häufig Handfunkgeräte, was eine direkte Kontaktaufnahme ermöglicht.

Koordination mit Hubschraubern

Eine präzise Abstimmung zwischen Luft- und Bodeneinheiten ist entscheidend. VHF-Funk erlaubt Echtzeitkommunikation über Landeplätze, Wetterverhältnisse und Patientenzustand.

Empfohlene Geräte und Einsatzprotokolle

Funkgerät-Modelle (Deutschland/Europa)

  • Motorola R7a – Robustes digitales Modell, nach ETSI-Standard DMR, für professionelle Nutzung geeignet.
  • Hytera HP685 – Kompaktes, IP67-zertifiziertes VHF/UHF-Funkgerät mit klarer Audioqualität.
  • Sepura SC21 – Hochleistungs-DMR-Handfunkgerät, häufig bei BOS-Einheiten im Einsatz.

Kommunikationsprotokolle

  • Kurze, präzise Meldungen – Zur Vermeidung von Missverständnissen und Interferenzen.
  • Verwendung von Rufzeichen – Jede Einheit identifiziert sich eindeutig.
  • Quittierung jeder Nachricht – Sicherstellung der Verständlichkeit.
  • Priorisierung – Notfallmeldungen haben Vorrang.

Erfahrungswerte aus dem Feld

In Deutschland und anderen Alpenregionen setzen Bergwacht-Einheiten wie die Bergwacht Bayern oder der Österreichische Bergrettungsdienst regelmäßig auf VHF-Funksysteme. Besonders in entlegenen Gebieten ohne Mobilfunknetz sind diese Geräte unerlässlich. Rückmeldungen der Einsatzkräfte betonen die Zuverlässigkeit, einfache Bedienung und Robustheit gegenüber Witterungseinflüssen. In komplexen Einsätzen, z. B. bei Lawinen oder Nachtrettungen, ermöglicht der VHF-Funk schnelle und koordinierte Abläufe.

Gesetzliche Grundlagen und Frequenznutzung

In Deutschland regelt die Bundesnetzagentur die Frequenzvergabe. Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) nutzen geschützte Frequenzen im Rahmen des digitalen TETRA-BOS-Netzes, während für analoge VHF-Anwendungen in der Regel individuelle Genehmigungen erforderlich sind. Für den Freizeitbereich sind PMR446-Geräte frei nutzbar, allerdings nur mit geringer Sendeleistung und begrenzter Reichweite.

Zukünftige Entwicklungen

VHF-Funksysteme werden künftig zunehmend mit anderen Technologien vernetzt. Folgende Trends zeichnen sich ab:

  • Digitale Verschlüsselung zum Schutz sensibler Kommunikation
  • GPS-Integration für Echtzeit-Lokalisierung
  • Bluetooth/Wi-Fi-Schnittstellen zur Datenübertragung
  • KI-gestützte Rauschunterdrückung und Spracherkennung für bessere Verständlichkeit

Praktische Tipps für den Einsatz im Freien

  • Ersatzakkus oder Powerbanks mitführen
  • Notfallfrequenzen und Kanäle vorab programmieren
  • Headsets in lauten Umgebungen verwenden
  • Antennen regelmäßig prüfen und optimal ausrichten
  • Funkprotokolle im Training regelmäßig anwenden

Bei Bergrettung und Notfällen in freier Natur sind VHF-Funksysteme nach wie vor unverzichtbar. Ihre Zuverlässigkeit, einfache Bedienbarkeit und sofortige Einsatzfähigkeit machen sie seit Jahrzehnten zum Rückgrat der Notfallkommunikation. Während neue Technologien entstehen, bleibt VHF-Funk ein bewährtes und sich weiterentwickelndes Mittel im Kampf gegen die Naturgewalten.



Die in diesem Beitrag verwendeten Bilder stammen entweder aus KI-generierter Quelle oder von lizenzfreien Plattformen wie Pixabay oder Pexels.

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